Ohne Titel 1989
Eitempera auf Leinwand
60 x 50 cm
Signiert und datiert rechts unten: Weiler (19)89
Provenienz
Privatsammlung Wien
Literatur
Vgl.: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, Abb. S. 381;
Gottfried Boehm, Edelbert Köb (Hg.), Max Weiler. Malerei seit 1927. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Künstlerhaus Wien, Wien 1999/2000, Abb. S. 353 ff.;
Max Weiler. Licht und Farbe, Ausstellungskatalog, Museion, Bozen 1993
Nach dem ersten malerischen Höhepunkt 1960/1961 im Zyklus „Als alle Dinge“ – Max Weiler repräsentiert Österreich gerade auf der XXX. Biennale von Venedig – stößt der Künstler in der wegweisenden Werkphase „Wie eine Landschaft“ (1962-1967) zu einer ganz autonomen, selbstreflexiven Malerei vor, mit der er „in diesen Jahren radikale, entscheidende Schritte in Richtung Gegenstandslosigkeit gesetzt hat“. Aber nicht nur in seiner sensiblen, fast meditativen Naturbeobachtung, auch im Mikrokosmos der sogenannten Probierpapiere – „Ateliermüll“ , auf denen er Farben mischt und Pinsel abstreift – findet Max Weiler in den kleinsten Strukturen aus Farbrinnsalen, getrockneter Eitempera und den Umrissen des ins Papier diffundierten Öls ein unerschöpfliches gegenstandsloses Formenreservoir. Diesem genuin naturähnlichen, weil unbewussten Vorgang der Entstehung von Malerei, folgt eine Auswahl von Details und deren Übertragung auf große Bildformate. Die faszinierende, originelle Bereicherung des malerischen Repertoires bildet ein wichtiges Fundament seines so bedeutenden Spätwerks.
Hüpfende, häufende und sammelnde Flecken… ein geschichtetes Konzentrat von Kobaltblau und Waldgrün, fallenden und steigenden, ein Schwirren auslösenden Bewegungen ist das Resultat einer neuen Frische, die das Werk dieses Malers in den letzten Jahren so entschieden bereichert hat.“
Eine kraftvolle experimentelle Malerei entsteht, geheimnisvoll artifizielle, visionäre Gemälde, bislang unbekannte Ikonografien treten dem Betrachter entgegen, ganz Farbe und diffundierte Formen. Was man sieht, konfiguriert sich, flockt aus, gerinnt und scheint sich in dynamischen alchemistischen Prozessen zu anderen Formen umzukristallisieren. Die ehrwürdige alte Abbildlichkeit der Kunstgeschichte wird hier eindrucksvoll ersetzt durch nichts weniger als den Prozess der künstlerischen Neuerfindung der Natur: „Bei mir selbst ist es Neuschöpfung der Natur ohne jede Naturähnlichkeit, ein neues Hervorbringen von Bergartigem, Grasartigem, Wolkenartigem, Erdartigem, Blumenartigem, Luftartigem, Baumartigem. Aber es ist nichts Abgemaltes, nichts Abgeklatschtes….“
Bisweilen verzichtet Max Weiler auf Bild- oder Arbeitstitel und überlässt seine Schöpfungen bewusst dem weiten Feld der Assoziation. Auch nebenstehendes unbezeichnetes Gemälde lässt der Betrachterin, dem Betrachter viel Freiraum der Wahrnehmung und Deutung, steht aber im semantischen und ikonografischen Kosmos der späten Jahre, deren Bildschöpfungen mit Titeln wie „Blumensonne“, „Wolkenart“, „Farbenbaum“, „Guter Garten“ oder „Juniwiese“ auf das jahrzehntelang erforschte „Lebensthema“ des Künstlers verweisen: ein Eindringen in die ewigen Prozesse und Kreisläufe des Wachsens und Vergehens der Natur – in das „Geistige der Natur“, wie es Max Weilers Biograf Gottfried Boehm konzise resümiert hat.