Leontine von Littrow

1856 Triest - 1925 Abbazia

Biografie

Abendsonne in der Lagune von Venedig um 1890

Öl auf Leinwand
43 x 80,5 cm
Signiert rechts unten: Leo Littrow
Rückseitig auf der Leinwand bezeichnet: - Leo von Littrow - Raccolta ..... Rückseitig bezeichnet auf dem Keilrahmen: "Venezia"

Provenienz

Privatbesitz Wien

Literatur

Bernhard Barta, Ervin Dubrović, Alfred Kolhammer, Rudolf Mahringer (Hg.), Leontine von Littrow. Impressionistin des Südens, Wien-Rijeka 2017, Wkv.Nr. 32 (WVLL Nr. 019), Abb. S. 295
Vgl.: Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band, 2. Hälfte, S. 925

Die 1860 in Triest geborene Camilla Leontine von Littrow entstammte einer altösterreichischen Adelsfamilie. Ihr Vater Heinrich von Littrow war Kartograf, Schriftsteller und später Leiter der nautischen Akademie in Triest, ihr Onkel der berühmte Astronom und Leiter der Wiener Sternwarte, Carl Ludwig von Littrow. Die Künstlerin wuchs also in einem künstlerisch-literarischen Umfeld auf. Die Laufbahn des Vaters führte sie schon früh in die Gegend um Triest und Abbazia, die sich später auf vielen ihrer Bilder als zauberhaftes Motiv wiederfindet. Ihre Ausbildung erhielt Leo von Littrow, wie sie liebevoll abgekürzt genannt wurde und auch signierte, in Paris als Schülerin von Jean d’Alheim, wo sie von der impressionistischen Malerei der großen Franzosen beeinflusst wurde. Lange und künstlerisch fruchtbare Aufenthalte verbrachte sie – oft gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Olga Wisinger-Florian – in Istrien und Dalmatien, wo sie in zahlreichen Gemälden imposante Stadt- und Hafenansichten, pittoreske Buchten und spontane Brandungsstudien festhielt. Die Künstlerin starb 1925 in Abbazia. Bereits zu Lebzeiten wurden ihre Bilder in Ausstellungen in Wien und München gezeigt, und als einzige Künstlerin ihrer Zeit erhielt sie einen Auftrag zur Ausgestaltung der Hochparterresäle mit Gemälden im Naturhistorischen Museum – ein Zeichen großer Wertschätzung ihrer Kunst.

Eine ihrer zahlreichen Reisen führt Leontine von Littrow um 1890 auch in die Lagune von Venedig. Dabei gilt die Faszination der Künstlerin wie oftmals einem Küstenstrich, von dem aus man eine wunderbare weite Sicht in die Ferne hat. In diesem Fall ist es ein kleiner natürlicher Hafen auf dem Lido mit einem schönen Blick auf das gegenüberliegende Venedig. Wir sehen San Giorgio Maggiore, die Chiesa Santa Maria della Salute und den Campanile im abendlichen Sonnenlicht, welches das Meerwasser vor der Lagunenstadt glitzern lässt. Einige wenige Fischerboote sind noch mit gesetzten Segeln in Weiß und Orange auf dem Wasser unterwegs. Die im Vordergrund im Schatten liegenden Schiffe sind bereits fest vertäut, ein einzelner Fischer im Hafen scheint das zur Sicherheit nochmals zu überprüfen. Mehrere Fischernetze sind zum Trocknen auf ein Holzgestell gehängt. Die rechte Bildhälfte nimmt zu einem Großteil der kaum bewachsene Fels der Küste ein, dessen naturhafte Schroffheit im Kontrast zur meisterhaft von Menschenhand geschaffenen „Serenissima“ steht.
Leontine von Littrow hat die Komposition in mehreren parallel gelagerten Ebenen angelegt. Am unteren Bildrand sieht man Fels und Holzplanken, sowie einen Pfahl zum Festmachen der Schiffe, dahinter kommt der Hafen mit den vertäuten Fischerbooten. Dieser vordere Bereich, in Braun- und Grautönen gehalten, ist von der Sonne nicht mehr beschienen, mittels auf die Wasseroberfläche gesetzten Weißhöhungen bringt die Künstlerin dennoch Helligkeit in diese Zone. Hinter dem einsamen Fischer im Hafen liegt die Silhouette von Sant’Elena in intensives Abendlicht getaucht. Die Insel im Osten Venedigs gehört zum Sestiere Castello. Davor die leuchtenden Segel eines gerade im Anlegen begriffenen Fischerbootes und hinter diesem die glitzernde Wasserfläche vor der Stadt, über die einige Möwen gleiten. Ganz am Horizont sehen wir schließlich die Umrisse Venedigs, über die sich zartrosa der Abendhimmel spannt, der die gesamte obere Bildhälfte einnimmt, was ein Gefühl unendlicher Weite erzeugt.
Die in silbrigen Ocker- und Brauntönen modulierten Plein-Air-Malereien ihres Lehrers Jean d’Alheim oder des Barbizonisten Felix Ziem sind in diesem Gemälde noch substantiell, werden aber bereits von einer neuartigen Bildauffassung – einer zunehmend lichterfüllten, feinfarbigen und in flirrendem impressionistischen Pinselduktus modellierten Komposition – überlagert.

Mit dieser Impression der „Fischerboote in der Lagune von Venedig“ entführt uns Leontine von Littrow in eine Welt zauberhafter mediterraner Atmosphäre, die sie wie nur wenige Künstler ihrer Zeit authentisch wiederzugeben vermag.

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