Tony Cragg

1949 Liverpool

Biografie

Type Face 2021

Bronze mit eingeschmolzenen Lettern aus dem Zeitungsdruck
32 x 24 x 11 cm
Monogrammiert und datiert auf der Unterseite: TG 2021
Auflage: 32 Stück (Bronze und Bronze grün patiniert), 4 artist proofs

Literatur

Vgl.: Gerhard Finckh, The Cragg Foundation (Hg.), Anthony Cragg. Parts of the World, Ausstellungskatalog, Von der Heydt-Museum Wuppertal, Wuppertal 2016, Abb. S. 361 f.

Die Oberfläche von Tony Craggs Figur „Type Face“ ist mit einem Binärcode überzogen. Der Titel der Bronzeskulptur bedeutet übersetzt „Schriftart“ . Diese beiden eher technischen Begriffe stehen im krassen Gegensatz zur biomorphen Gestalt der Skulptur.

Ein Binärcode besteht aus den Symbolen „1“ und „0“, die für die Aussagen „wahr“ oder „falsch“ stehen. Aus diesen beiden Zeichen hat Tony Cragg ein Allover-Flächenmuster erschaffen, das die gesamte Skulptur überzieht. Binärcodes bilden die Grundlage jeglicher digitaler Information, jeder Computer funktioniert mit diesem Code. Interessant ist, dass das binäre Zahlensystem bereits im 17. Jahrhundert von dem Universalgelehrten und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelt wurde und im engen Zusammenhang mit dessen Auseinandersetzung mit der chinesischen Philosophie steht. Als Inspiration dienten ihm die Begriffe „Yin“ und „Yang“, die einander gegenüberstehen, zueinander komplementär sind, sich aber auch ineinander verwandeln können. Leibniz hat in der Entwicklung des Codes „0“ der Yin-Linie und „1“ dem Yang entsprechend eingesetzt. Es geht also um polar einander entgegengesetzte, aber dennoch aufeinander bezogene duale Kräfte und Prinzipien, die sich nicht bekämpfen, sondern einander ergänzen. Ein ins Philosophische reichender Ansatz, der Tony Cragg wohl auch bewusst war.

Oberflächen, also die Haut seiner Plastiken beschäftigen den Künstler in all seinen Werken. Das äußere Erscheinungsbild resultiert aus physikalischen Eigenschaften, die es zu ergründen gilt. Die Außenhülle ist aber auch der erste Anknüpfungspunkt für die Betrachterin, den Betrachter. Durch sie entsteht der Erstkontakt mit jedem Objekt. Dann beginnt man sich zu fragen, was wohl hinter dieser Hülle steckt. Tony Craggs Werke geben dabei oft Rätsel auf, aber je länger man eine seiner Skulpturen betrachtet, desto mehr erschließt sich die Einheit von Oberfläche und Kern. Arbeiten wie „Type Face“ lösen dabei durchaus auch einen haptischen Impuls aus, einen Versuch des „wirklichen Begreifens im Wortsinne“ .

Tony Cragg gelingt es, Wissenschaft und Natur zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen und dabei Werke von unglaublicher Anziehungskraft, von bestechender formaler Klarheit, aber auch voller rätselhafter Bedeutsamkeit zu erschaffen. Somit verändert er unseren Bezug zur Wirklichkeit, unsere Sicht auf die Dinge, so wie es nur große Kunst vermag.

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